
Offener Prozess - Ausstellung
von/mit: Jugend- und Kulturzentrum Theater Variabel
Aufarbeitung des NSU Komplex im Erzgebirge
ProgrammtextDer Nationalsozialistische Untergrund (NSU) ermordete neun Menschen mit Migrationsgeschichte und eine Polizistin. Den Hintergrund der Taten bildete eine menschenfeindliche Ideologie. Viele Fragen bleiben offen. Dazu gehört die Frage nach dem Netzwerk hinter den Morden, Sprengstoffanschlägen und Banküberfällen. Einige der Unterstützer*innen sind bislang bekannt und wurden teilweise zu Haftstrafen verurteilt, auch aus dem Erzgebirge. Bis heute fehlt es an einer reflektierten Auseinandersetzung im Erzgebirge mit den Verstrickungen von Personen mit dem NSU, obwohl die damit verbundenen Netzwerke weiterhin bestehen. Es ist aber nicht nur die fehlende Thematisierung des NSU die uns den Anstoß für das geplante Projekt gegeben hat. Es ist auch die Alltäglichkeit von Rassismus und das häufige Stillschweigen über die erschreckenden rechtspopulistischen bis rechtsextremen Aktivitäten im Erzgebirge, die eine traurige Kontinuität antidemokratischer Tendenzen im Erzgebirge offenbaren. Auch rechte völkische Siedlergruppen nutzen das Erzgebirge als Rückzugsort. Dazu zählen auch Reichsbürger*innen, die Immobilien im Erzgebirge erwerben um dort frei von rechtsstaatlichen Grundsätzen zu leben. Für all diese demokratiebedrohenden Aktivitäten herrscht im Erzgebirge kaum ein reflektiertes Bewusstsein. Teilweise schließen sich Menschen Demonstrationen von diesen Akteuren an und hinterfragen die dahinterstehenden Ideologien nicht. Die Ausstellung Offener Prozess ist der Kern der Veranstaltungen. Ausgehend von einer Ost-Deutschen Realität, insbesondere in Sachsen, widmet sie sich dem NSU-Komplex als eine Geschichte, die von den Migrationsgeschichten und den Kontinuitäten rechter und rassistischer Gewalt und des Widerstandes dagegen ausgeht. Mit dem Ansatz eines “lebendigen Erinnerns” rückt sie marginalisierte Perspektiven in den Mittelpunkt. Darüber hinaus nimmt sie strukturellen und institutionellen Rassismus ins Visier. Gemeinsam geht es darum, Antworten auf folgende Fragen zu finden: Wie kann es sein, dass der NSU so lange unentdeckt in Chemnitz, Zwickau und dem Erzgebirge leben konnte? Welche Strukturen aus dem Erzgebirge haben den NSU unterstützt? Bestehen diese noch heute? Wer bestimmt darüber, wie an die NSU-Verbrechen erinnert wird? Wird überhaupt erinnert? Wen interessiert es? Wie steht es um die Aufklärung der Verbrechen durch den Prozess und die Untersuchungsausschüsse? Haben Polizei, Verfassungsschutz aber auch Jugendeinrichtungen etwas aus den begangenen Fehlern im Kontext des NSU-Komplexes gelernt? Welche Rolle spielen Theater, Kultur und Kunst in den Debatten um Aufarbeitung? Und was hat das alles mit den aktuellen rassistischen Mobilisierungen und Übergriffen im Erzgebirge und darüber hinaus zu tun? Insbesondere junge Menschen sollen dazu ermutigt werden, sich an gesellschaftspolitischen Themen zu beteiligen und zu engagieren. Durch den Besuch an der Ausstellung und den Veranstaltungen des Rahmenprogramms sollen demokratische Werte und Kompetenzen bestärkt werden.